Heute ist „Malle“ der Inbegriff von Fun, Freude, Feiern. Mallorca war aber früher eine Insel, auf der die Menschen wenig zu lachen hatten. Vom Meer kamen in den vergangenen Jahrhunderten die Gefahren. Piraten, Korsaren und Seeräuber fielen plündernd, brandschatzend und mordend ins Land ein.
Aus diesem Grunde siedelten die Bewohner damals nicht am Meer, sondern im Landesinneren, wo sie mächtige Kirchen bauten, um sich bei Gefahr dorthin zu flüchten. Um die Bewohner vor den Feinden, die vom Meer kamen zu warnen, bauten sie außerdem kleine Wehrtürme, „Atalayàs“, auf denen Späher saßen, die bei Gefahr qualmende Feuer anzündeten. Diese Rauchzeichen wanderten von Atalayà zu Atalayà und in einer Stunde waren die Inselbewohner von Sant Elm im Westen bis hinauf nach Alcùdia im Norden die Insel vor der drohenden Gefahr gewarnt.
Wie gefährlich das Leben auf dieser so idyllischen Insel einst war, zeigt uns ein Auszug aus einer Chronik des 18. Jahrhunderts:
„Aus einem bewohnten Dorf herauszugehen, bedeutet sein Leben aufs Spiel zu setzen. Mallorca ist ein Schlachtfeld, Blutrache, Banditenüberfälle, Fehden der Adeligen, entflohene Strafgefangene, gebären Mord und Totschlag.“
Von all diesen Gräueln und Gefahren bleibt natürlich unser Tourist, der gemütlich mit dem Flugzeug auf die Ferieninsel einschwebt, verschont. Aber ein interessierter Feriengast will doch wissen, wie es anno dazumal auf Mallorca zuging.
Geschichte der Bergfestung Alarò
Um sich davon in Kenntnis zu setzen, ist kein Ort besser geeignet als die Bergfestung Alarò. Unsere geschichtliche Expedition beginnen wir im gemütlichen Städtchen Alarò, das trotz seiner stattlichen Pfarrkirche San Bartolomèr (erbaut 1236) und dem imposanten Rathaus mit seinem Rundbogenbau immer im Schatten der mächtigen Burg Alarò, oben auf dem Berg, stand.
Versetzen wir uns zurück in das Jahr 1285. Vor dem verschlossenen Burgtor der Festung steht der Kommandant der Truppen des Königs Alfonso von Aragon und befiehlt: „Ergebt Euch.“ Cabrit, der Festungskommandant, der Führer der letzten Getreuen des Königs von Mallorca, Jaume II, fragt zurück: „Wem sollen wir uns ergeben?“ „Dem König Anfòs (Katalanisch).“ Cabrit: „Anfos (Mallorquin: Zackenbarsch), esse ich gerne.“ Der Belagerer nimmt das Wortspiel auf und antwortet: „Cabrit (Cabrito = Zicklein) mundet mir sehr.“ Die Burg wird schließlich erobert und Cabrit und sein Mitstreiter Bassa wurden bei lebendigem Leib wie Ziegen auf offenem Grill geröstet.
Noch ein schauriges Detail vom Berg. Im Mittelalter bis weit in die Neuzeit war der Alarò Sitz der Inquisition. Hier auf Mallorca hatte diese schaurige Institution viel Arbeit zu verrichten. Hexen waren zu verbrennen, äußerlich zum Christentum bekehrte Juden und Muslime, die heimlich noch dem „falschen“ Glauben anhingen, mussten mit der Garrotte erdrosselt und Ehebrecherinnen geköpft werden. Von diesen unseligen Zeiten berichten auch heute noch Arbeiter, wenn sie Löcher ausheben und auf vermoderte Knochen stoßen.
Alarò heute
Aber „Tempi passati“, widmen wir uns der heitern Gegenwart. Oben vom ehemaligen Burgplatz, auf dem zur Zeit der Burgherren noch Schafe und Ziegen weideten, um bei einer Belagerung genügend Nahrungsmittel zu haben, für Wasser sorgten zwei tiefe Brunnen, hat man einen gigantischen Blick auf Land und Meer.
Die Sicht reicht von der Silhouette der Insel Cabrera am Horizont zur näher gelegenen Bucht von Palma und der Ansichtskartenperspektive der vielstrebigen Kathedrale. Von der mauerbewehrten Burg in der abwechselnd Muslime schmachtend ihr „Allah Akbar“ seufzten oder gefangene Christen ihre „Maria hilf“-Gebete ausstießen, sind, nach der Eroberung und der Zerstörung durch den aragonischen König Alfons, nur noch dürftige Mauerreste erhalten.
Nur die unverwüstliche Natur, nach Norden eine mehr als 300 m senkrecht abfallende Wand und nach Süden eine 50 m steile Sand-Kalkwand künden heute noch davon, dass diese Trutzburg Alarò eine entscheidende Bastion war, um die ihr zu Füßen liegende Ebene zu beherrschen.
Für die Einheimischen, vor allem für die gläubigen Mallorquiner, besitzt der Alarò heute noch eine religiöse Bedeutung. Die innerhalb des Burgrings im 17. Jahrhundert erbaute „Eremita de Deu del Refugi“ (Klause Gottes der Zuflucht) wird heute wie zur Zeit ihrer Erbauung von frommen Pilgern aufgesucht, um in Zeiten der Dürre Gottes Segen für Regen zu erbitten.
Hier befanden sich auch die Gebeine von Cabrit und Bassa, die von den Mallorquinern als Heilige verehrt werden, aber von der katholischen Kirche nicht kanonisiert sind.
Nachdem die Gebeine von einem glühenden Verehrer geraubt wurden, sind die Reliquien nach intensiver Suche durch den Bischof Juan Diaz de Guerra 1776 gefunden, gesalbt und gesegnet in der Seitenkapelle in der Kathedrale von Palma zur ewigen Ruhe bestattet worden.
Zum Schluss noch eine mallorquinische Legende. Zwischen dem Puig de Castell, unserem Burgberg Alarò mit seinem 822 Metern und dem gegenüberliegenden Berg Alcadena mit 816 Höhenmetern, wo dazwischen das gigantische Tal Sollerìc liegt, sollen in der Rauhnacht von Allerheiligen die Hexen auf einer Himmelsschaukel ihre heftigen Schwünge vollführen.
Hallo Wolfgang!
Wird nicht in „Bergfestung Alarò“ im Namen vom Kommandant Cabrit und sein Mitstreiter mit Namen Bassa ein Fest gefeiert?
Wenn ja, wann?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Fehringer
Hallo Michael,
vielleicht meinst du die traditionelle Prozession auf die Festung zu den Reliquien der beiden Inselheiligen am Sonntag nach Ostern? Außerdem sind die beiden als „Gigantes“, Riesenpuppen, auf den Patronatsumzügen an San Roques am 16. August im Dorf Alarò mit dabei. Alle Dorffeste und weitere nützliche Informationen gibt es im Tourismusführer der Gemeinde zum Nachlesen – http://www.ajalaro.net/wms/ofo/imgdb//archivo_doc324955.pdf. Wenn du irgendwo live dabei bist, freue ich mich über Fotos! Herzliche Grüße, Wolfgang