Kaum haben wir uns von den Caféhausstühlen erhoben und sind ein paar Schritte auf dem „Paseo de Sagrera“ gegangen, da grüßt uns schon die Burg „Al Mudaina“. Den arabischen Namen Zitadelle hat sich diese wehrhafte Anlage mit zinnenbestückten Türmen und imposantem Mauerwerk mit Recht verdient.
Hier residierten die maurischen Emire mit Harem, Dienerschaft und Soldatenvolk 3 Jahrhunderte und schwelgten in orientalischer Pracht bis 1229 in der Silvesternacht der letzte arabische Emir kniend dem christlichen König die Schlüssel des Palasts überreichte.
Der zweite mallorquinische König Jaime II baute 1281 die maurische Festung im gotischen Stil um. Seit 1985 dient der Palast dem spanischen König als offizielle Residenz für Staatsempfänge und Feierlichkeiten. Dafür bietet das Schloss einen exzellenten Rahmen, denn die Räume sind teilweise mit flämischen und spanischen Gobelins des 17. und 18. Jahrhunderts, die meistens historische Ereignisse, wie Schlachten oder mythische Sagen aus dem Altertum abbilden, ausgestattet. Dazu kommen Bilder historischer Personen und exquisites Barock- und Rokokomobiliar.
Inhaltsverzeichnis
Die Burg „Al Mudaina“ bietet einen unvergesslichen Blick auf Palma
Nachdem wir den vornehmen Thronsaal durchschritten haben, sagt Ricardo „ und jetzt zeige ich dir das Schönste von dieser alten Burg“ und winkt mich nach draußen. Wir stehen nun auf der Burgterrasse. Ein überwältigender Eindruck. Zur Linken ein großes, funkelndes Blau, mit weiß eingetupften Segelbooten, unter uns „S’Hort del Rei“, der Königsgarten mit Zypressen in Reih und Glied und dazwischen sprudelnde Wasserfontänen.
Im Hintergrund auf einer Höhe eingefasst von dunklem Grün der Bäume grüßt das andere, oval angelegte Königsschloss „Bellver“ aus dem späten Mittelalter. Bedeutungsvoll flüstert mir nun Ricardo ins Ohr:
„Einige alte Leute behaupten, dass es von hier bis zum Bellver einen Geheimgang geben soll.“
Die Strecke beträgt Luftlinie fast 10 km und ich melde da meine Bedenken an, dass es durch halb Palma einen Geheimgang gegeben haben soll, um hier bei einer Belagerung der Burg zu entkommen. Auf der rechten Seite schauen wir auf das Dach- und Giebelgewirr von Palmas Altstadt.
Das Wahrzeichen Palmas, die „Catedral la Seu“ ist ein Meisterstück gotischer Dombaukunst
Wie es sich für das Mittelalter gehört, Stadt und Kirche Hand in Hand, so steht gegenüber der Trutzburg des Königs das kirchliche Juwel, die „Catedral la Seu“ (Bauzeit Mittelschiff: 1230 – 1587, das Hauptportal wurde 1601 eingeweiht). Dieses Gotteshaus besitzt nicht nur wegen seiner baulichen Brillanz eine besondere Auszeichnung, sondern auch wegen seiner topographischen Position. Die Kathedrale thront auf der Hochterrasse über dem Meer und war damals als der „Paseo Maritimo“ noch nicht aufgeschüttet war, die einzige Kathedrale, deren Bild sich im Mittelmeer spiegelte. Heute kann man das Spiegelbild der Südfassade in dem künstlich angelegten „Parc de la Mar“ bewundern.
Nach dem Blick aufs weite Meer drehen wir uns um und bewundern auf der Südseite des imposanten mit vielen Strebpfeilern bestückten Bauwerks das „Portal del Mirador“. Ricardo, der auf seine Heimatstadt mächtig stolz ist, erklärt mir nun ganz fachmännisch: „Palma war immer schon eine europäische Metropole, denn hier am Tympanon, das das letzte Abendmahl in feinster ziselierter Steinmetzarbeit darstellt (1380-1420), haben französische und italienische Künstler mitgearbeitet.
Wir gehen nun an der „Puerta de la Almoina“, die eine thronende Muttergottes sowie eine fast naive Darstellung von Sonne und Mond zeigt, vorbei und weil heute Sonntag, der Tag des Herren und der Kirchengänger ist, können wir jetzt ohne einen Obolus entrichten zu müssen, das Innere des Gotteshauses betreten.
In allen Reiseführern wird “La Seu“, das kommt übrigens aus dem Lateinischen „sede“ und bedeutet die Kathedrale eines Bischofsitzes, als „Kathedrale des Lichts“ gefeiert.
Funkelnde Schatzkammer des Glaubens
Die gotische Kathedrale, die von dem Dombaumeistern Ponç Descoll und Guillem Sagrera ab 1368 auf Geheiß Königs Jaime II gebaut wurde, erfüllt auf eindrucksvolle Weise die Wunschvorstellung mittelalterlicher Gläubiger. Ein Dom sollte nämlich das irdische Abbild des himmlischen Jerusalems darstellen. Dies wurde dadurch erreicht, dass durch die farbigen spitzgotischen Fenster und Fensterrosetten sich das Licht in gelben, blauen und roten Farben bricht wie funkelnde Edelsteine und so das himmlische Paradies im Haus des Herrn widerspiegelt.
Wir bestaunten die hohen, schlanken, himmelwärts strebenden Säulen auf denen funkelnde Lichtspiele tanzten.
Aber weil gerade wieder eine neue Sonntagsmesse begann und weil Ricardo, wie die meisten Mallorquiner, zwar „catolico“, aber nicht „muy catolico“ ist, das heißt er geht nur alle heilige Zeiten wie Ostern und Weihnachten in die Kirche, verdrücken wir uns wieder. Aber mit dem Vorsatz, das nächste Mal alle Seitenkapellen und vor allem die „Capella de Trinitat“ mit den Grabmälern der Könige Jaime II und Jaime III zu besichtigen.
Aber auch die von den Zeitgenossen so heiß diskutierte und umstrittene „Capella de Santissima Sacrament“, die 2007 vom mallorquinischem Künstler Miguel Barcelo geschaffen wurde, sollte auf unserem Programm stehen. Ricardo mit seinem konservativem Geschmack lehnt das moderne Kunstwerk, das die wunderbare Brotvermehrung und die Auferstehung Christi zeigt, mit seinen Keramikreliefs und dunklen Fenstern ab.
Wieder im Freien auf der Straße zwischen Palast und Kathedrale trifft Ricardo einen alten Spezi aus Jugendtagen, der auf einer weißen Kutsche sitzt, die ein Rappe zieht und auf Fremde wartet. Ein paar Freundschaftsfloskeln und dann die Frage, wie die Geschäfte gehen „muy mal“. Aber das Jammern der Mallorquiner darf man nicht immer ganz so ernst nehmen.
Trotz Preisermäßigung kann der Fuhrmann auch mit uns kein Geschäft machen, denn wir setzen den Erkundungstrip in der Oberstadt zu Fuß fort.