Moderne architektonische Inselberühmtheiten

Can Lis, erbaut durch Jørn Utzon auf Mallorca

„Can Lis“, erbaut durch Jørn Utzon auf Mallorca Bildquelle: Fotograf : Torben Eskerod

Mallorca verfügt über prächtige Bauten und wahrhaftige architektonische Perlen. Aber von der Kathedrale oder den Jugendstil bzw. gotischen Gebäuden soll hier ausnahmsweise nicht die Rede sein.

Stattdessen werfen wir einen Blick auf außergewöhnliche zeitgenössische Architektur und ihre bekannten Erbauer.

Can Lis und Can Feliz von Jørn Utzon

Nicht jeder weiss, dass der dänische Architekt und Erbauer des Opernhauses von Sydney Jørn Utzon viele Jahre mit seiner Familie auf Mallorca gelebt hat und sich hier zwei Denkmäler gesetzt hat.

Als einer der wichtigsten Architekten des 20. Jahrhunderts, der weltweit Spuren hinterlassen hat, entwarf er auch im Südosten der Insel zwei Wohnhäuser: Can Lis an der Küste zwischen Porto Petro und dem Naturpark Mondragó und Can Feliz im Landesinneren bei S’Horta.

Das 1972 errichtete Can Lis ist nach Utzons Ehefrau benannt, mit der er 66 Jahre verheiratet war. Das Anwesen wirkt wie eine Erweiterung der Felsenküste, denn es ist komplett aus naturbelassenen Sandsteinquadern gebaut. Nur wenige Schritte vom Abgrund entfernt über dem Meer thronend, ist der Ausblick gigantisch, nicht zuletzt aufgrund der riesigen Fenster. Eine der vielen Besonderheiten: die Fenster sind von außen angebracht und – vorausgesetzt sie sind spiegelblank geputzt – lassen sich von innen kaum als solche erkennen. Innen erscheint wie außen und außen wie innen, so als ob der Architekt beabsichtigte, im Freien zu leben, aber mit einem (steinernen) Dach über dem Kopf. Marés, Mallorcas traditioneller heller Sandstein, wohin man schaut, sogar Sofas und Tische, Regale und Schränke, bis hin zu den Betten sind in Naturstein gemauert. Doch Wind und Wetter setzten nicht nur der Bausubstanz stark zu, sondern auch dem Architekten, der sich nach dieser Nahküstenerfahrung ein zweites Haus im Landesinneren erbaute.

Innenansicht vom Haus Can Lis auf Mallorca Bildquelle: Fotograf Torben Eskerod

Innenansicht von dem architektonischen Meisterwerk „Can Lis“ auf Mallorca
Bildquelle: Fotograf Torben Eskerod

Zu vermieten: das Haus des Architekten

Can Lis aber blieb erhalten: Utzons Sohn Kim, ebenfalls Architekt und Leiter der Uzton-Stiftung in Aalberg ließ es renovieren. Seitdem wird es von der Stiftung im Frühjahr und Herbst für Architekten und Architekturstipendiaten aus aller Welt als Studienzentrum zur Verfügung gestellt. Wer es kennenlernen möchte: Auf der Internetseite www.canlis.dk sind bereits fünf Besuchstage in den Sommermonaten 2015 angekündigt. Und auf Anfrage kann man es in den nicht belegten Zeiten sogar für einen längeren Aufenthalt mieten.

Das zweite „glückliche“ Haus

Da sich Can Lis bereits zu Zeiten, als Utzon hier mit seiner Familie lebte, in eine Pilgerstätte für Architekturfans verwandelte, baute er sich 1994 Can Feliz. Auch dieses Musterbeispiel für seinen Stil ist komplett aus Sandstein gebaut und bietet fantastische Ausblicke, da mit verschiedenen Ebenen gearbeitet wurde. Es fügt sich auf eine Art in die Landschaft ein, die Utzons Philosophie entspricht:

„Es liegt an einem selbst, ob man offen für die Natur der Dinge ist oder ob man endlos versucht, nach der perfekten Form zu streben.“

Das Anwesen des 2008 verstorbenen Architekten gehört heute Utzons Tochter Lin, einer Keramikdesignerin.

Moderne Architektur als Stätten der Kunst

Eine weitere Perle moderner Architektur ist das Studio Weil in Puerto de Andratx. Die US-amerikanische Künstlerin Barbara Weil hat in Zusammenarbeit mit dem renommierten Architekten Daniel Liebeskind dieses asymmetrische, komplett in weiß gehaltene Gebäude entwickeln und errichten lassen. Ihre abstrakten und expressionistischen Arbeiten dienten Liebeskind als Inspiration für seinen architektonischen Entwurf, in dem ein System konzentrischer Kreise eine besondere Rolle spielt. Das Atelier und die Ausstellungsräume dieses bemerkenswerten Studios sind unbedingt einen Besuch wert: Jeweils samstags und sonntags 11.30-14 und 16-18 Uhr (Camí de Sant Carles 20, Port d’Andratx in Richtung La Mola, Infos unter www.studioweil.com).

Weitere Orte der Kunst auf Mallorca bestechen nicht nur aufgrund ihrer Kunstwerke, sondern auch wegen ihrer Bauweise. Zum Beispiel die Stiftung des Künstlerehepaars Yannick i Ben Jakober in Es Mal Pas (Alcúdia).

Das Hauptgebäude von Sa Bassa Blanca wurde im hispanisch-maurischen Stil von Hassan Fathy entworfen. Der ägyptische Architekt war zum Zeitpunkt des Projektes bereits 78 Jahre alt und hatte zuvor noch nie in Westeuropa gebaut. Nicht nur das märchenhaft verwunschen anmutende Gebäude ist einzigartig, sondern auch der „Aljibe“: ein altes, unterirdisches Wasserreservoir, das 1994 zum Ausstellungsraum für die weltweit größte Sammlung von historischen Kinderporträts umgebaut wurde.

Große Kunst in großartigen Bauwerken

Es wundert nicht, dass sich Künstler in außergewöhnlichen Gebäuden wohlfühlen bzw. besondere Architekten beauftragen, ihnen ein würdiges Atelier zu bauen. Das gilt auch für die Stiftung Pilar i Joan Miró in Cala Mayor bei Palma. Die eigentliche Werkstatt Mirós, das Studio Sert, wurde 1956 im Stil von Le Cobusier von Mirós Architektenfreund Josep Lluís Sert entworfen. 1992 erweiterte der wohl bekannteste spanische Architekt Rafael Moneo die Werkstatt um das heutige Miró-Museum. Beide Gebäude sind innen wie außen ein absolutes Muss für Kunst- und Architekturfans.

Das Atelier Miro von Architekt Sert

Das Atelier Miró. Erbaut durch den berühmten, spanischen Architekten Josep Lluís Sert

Und auch hier gehen Kunst und Architektur ein bemerkenswertes Duo ein: Zwei der derzeit bekanntesten Architekten der Insel – Jaime und Luís García Ruiz – waren federführend für das 2004 eingeweihte Es Baluard Museum. Die Brüder haben gemeinsam mit zwei weiteren mallorquinischen Architekten das historische Bollwerk „Sant Pere“ aus den 16. Jahrhundert auf avantgardistische Art um über 5.000 Quadratmeter vergrößert. So ist auch Mallorcas bedeutendstes Museum für zeitgenössische Kunst ein echtes Highlight für zeitgenössische Architektur und eine gelungene Fusion von antik und modern.

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