von Stefanie Claudia Müller, Palma de Mallorca
Tim Wirth lebt schon seit mehr als 20 Jahren auf Mallorca. Sein Herz war immer mit Palma verbunden:
„Als ich hier hinkam, war es noch ein wenig provinziell. Jetzt ist es vor allem ein internationales Business-Zentrum, fast mehr als ein Tourismus-Hotspot“.
Der auf Immobilien spezialisierte Rechtsanwalt liebt es, nach Feierabend durch die relativ kleine und ruhige Altstadt zu gehen, wo man den ganzen Abend von einer Bar zur anderen gehen, Tapas essen und interessante neue Leute kennenlernen kann.
Er empfiehlt unter anderem das Restaurant „Casa Gallega“, die Bar Flexas in der gleichnamigen Strasse, wo es eine kleine, aber sehr gute Karte an netten Kleinigkeiten zu essen gibt. Wirth animiert Mallorca-Fans auch mal an Weihnachten nach Palma zu kommen:
„Die Beleuchtung ist einfach sehr schön und es kommt durchaus gemütliche Stimmung auf“.
Inhaltsverzeichnis
- Passeig des Born wurde zur Luxus-Shopping-Zone
- Wohnungsmieten haben sich bei 13,80 Euro / m² stabilisiert
- Miet- und Kaufpreise befinden sich in Palma wieder auf Vorjahresniveau
- Massentourismus nervt die Einwohner
- Allerdings gilt auch: einmal hin, alles drin
- Palmas Filmfestival geht ins 3.Jahr
- Portixol rockt, auch bei den Mietpreisen
- Santa Catalina ist das bunteste Viertel von Palma
- Was gut ist, kauft sich selten billig: so auch in Cort und Monti-Sion
- Der Dauerrenner Altstadt
- Palma ist zu einem teuren Pflaster geworden
Passeig des Born wurde zur Luxus-Shopping-Zone
Zum Beispiel in der Altstadt, wo auch viele Mallorquiner und Residenten unterwegs sind.
„Und keine Autos, das ist gut: Inzwischen verliert man an gewissen Orten in Palma das Gefühl, dass man sich auf einer Urlaubsinsel befindet.“,
findet der gebürtige Lübecker. Am Passeig des Born, wo der 50jährige seine Kanzlei hat, pulsiert die mallorquinische Hauptstadt am meisten. Hier gehen die Mieten jedoch ebenfalls in den Luxus-Bereich.
Wohnungsmieten haben sich bei 13,80 Euro / m² stabilisiert
„Früher waren hier Zara- und Mango-Geschäfte, inzwischen sind es Bulgari und Luis Vuitton“,
erzählt der deutsche Anwalt. Für drei Zimmer werden dort und in der Umgebung in der Dauermiete mindestens 1500 Euro im Monat fällig. 1-Zimmer Appartments gibt es bei gutem Stöbern ab 750 Euro. Bei gröβeren und gut renovierten Wohnungen kann der Mietpreis im Monat jedoch auf bis zu 4000 Euro hochgehen. ·
Miet- und Kaufpreise befinden sich in Palma wieder auf Vorjahresniveau
“Die Quadratmeter-Preise sind inzwischen wieder auf dem Vorkrisen-Niveau 2007. Das bedeutet sie sind hoch“,
sagt Wirth. Die Mieten haben sich gemäβ der offziziellen Statistiken aber in den vergangenen zwei Jahren stabilisiert. Dennoch gelten nach der Erfahrung von Wirth in begehrten Lagen andere Regeln:
„In einigen Vierteln und Strassen grenzt es klar an Spekulation, was Haus-Besitzer aufgrund der hohen Nachfrage versuchen als Mieten herauszuschlagen. Die Lokal-Regierung hat jedoch gegengesteuert mit einer drastischen Einschränkungen für Ferienvermietungen im Stadtzentrum“,
Wirth ist rundum zufrieden mit seinem exklusiven Kanzleistandort, den er schon vor vielen Jahren gefunden hat. Nicht nur, dass seine Kunden ihn leicht finden und die Mitarbeiter in der Mittagspause schnell zur italienischen Eisdiele, ins Café, zum Einkaufen oder sich schnell zum Snack irgendwo hinsetzen können.
Wr kann auch den traditionellen Umuzg der Heiligen Drei Könige am Abend des 5. Januar sowie andere Feierlichkeiten bequem von seinem Balkon anschauen. Inzwischen ist das Vermieten von Balkonen für solche Anlässe zu einem regelrechten Geschäft in Spaniens Städten geworden, das auch schon einige Hausbesitzer in Palma für sich entdeckt haben.
Massentourismus nervt die Einwohner
Von Balkonen können wie dem von Wirths Kanzlei konnte im vergangenen Jahr auch immer mehr Bürgerproteste verfolgt werden, im wachsenden Ausmass haben diese mit dem Massentourismus zu tun, der vor allem Palma trifft. Lästig sind den Gewerbetreibenden und Einwohnern vor allem die vielen Kreuzfahrtschiffe.
Im vergangenen Jahr waren es 4,3 % mehr als 2017. Rund 844 dieser fahrenden Städte liefen im abgelaufenen Jahr auf den Balearen ein, die meisten davon auf Mallorca. Das hat auch geduldsame Menschen wie Wirth irritiert, der wie viele andere Wahl-Mallorquiner und auch Yachtbewohner morgens gerne am Hafen joggt:
„Durch den Kreuzfahrtourismus wird die Stadt plötzlich für wenige Stunden mit Tausenden von Touristen regelrecht überrannt, was der Gastronomie nicht viel bringt, weil es All-inklusive-Urlauber sind und Palma stundenweise verstopft“.
Die Balearen-Regierung versuchte diese Art von Massentourismus in Palma in 2017 durch die Anhebung der Öko-Steuer zu bremsen, welche jetzt auch Kreuzfahrer bezahlen müssen. Aber zur Zeit ist der Erfolg eher noch bescheiden. Für den Engländer Paul Jessup wird die Steuerung des Massentourismus zur gröβten Herausforderung Spaniens in den kommenden Jahren:
„Das Land muss umdenken und die Ströme geschickt umleiten“,
sagt der in zahlreichen touristischen und ökologischen Projekten involvierte Unternehmensberater.
Ganz eng damit verbunden ist das Problem der Mobilität: Miet-Elektro-Boards, Fahrräder und Scooter auf Bürgersteigen und Strassen in Palma produzieren Chaos. Die Lokalregierung hat deren Zirkulation deswegen durch neue Gesetze restringiert, nachdem es zu einigen Verkehrsunfällen mit Fuβgängern gekommen war.
Allerdings gilt auch: einmal hin, alles drin
Für die Schweizerin Mercedes Korzeniowski kommt Palma allein schon wegen der Verkehsprobleme in der Woche zum Leben mit der Familie nicht in Frage, aber sie liebt die Hauptstadt vor allem wegen ihres groβen Freizeitangebots, das sie vor allem am Wochenende genieβt:
„Die Stadt ist ideal, um einen Samstag mit Theater, guten Restaurants und Musik zu erleben“.
Sie liebt es, mit ihrer Tochter nicht nur durch die Geschäfte, sondern auch durch das jüdische oder arabische Viertel von Palma zu laufen:
„Viele kennen dieses Gesicht von Palma gar nicht“.
Die Marketing-Expertin empfiehlt einen Spaziergang am Häuserblock der Straßen Palau Reial, Victoria, Santo Domingo und Costa de la Seu vorbei, wo es auch viele archäologische Fundstätten gibt:
„Aber auch die Kathedrale von Palma ist definitiv ein Besuch wert“,
sagt die 49jährige Wahl-Mallorquinerin.
Wirth empfiehlt die Kathedrale Santa María auch allen, die sonst keine Kirchengänger sind:
„Besonders an Weihnachten geht es hier sehr musikalisch zu“.
Die Christmette wird auch auf Deutsch abgehalten und es werden Lieder aus der ganzen Welt gesungen. In diesem Jahr stimmten die Sopranistin Waltraud Mucher, der Trompeter Jose Miguel Asensi und der Organist Klaus Sehling die Gemeinde auf Weihnachten ein. Dazu kam diesmal auch ein Organist der Harvard-University in den USA, Carson Cooman.
Auch dank der bereits im 13.Jahrhundert erbauten Kathedrale ist Mallorcas Hauptstadt längst mehr als Einkaufsziel der Touristen für Schlecht-Wettertage.
Palmas Filmfestival geht ins 3.Jahr
Um das imposante Werk, in mallorquinisch einfach „La Seu“ (der Bischhoftssitz) genannt, schlendern nicht nur reiche Hamburger und Münchener durch die Gassen, sondern treffen sich inzwischen Künstler aus aller Welt, Sommer wie Winter.
Sandra Seeling Lipski ist einer von ihnen. Sie ist Schauspielerin. Geboren wurde die Deutsche in Berlin, wuchs aber auf Mallorca auf. Seeling Lipski pendelt heute zwischen der Insel und L.A., wo sie verheiratet ist. Die Schauspielerin ist die Organisatorin des „Evolution! Mallorca International Film Festival (EMIFF)“, das bereits seit einigen Jahren einmal im Jahr im Herbst in Palma stattfindet:
„Zwischen Oper, Top-Hotels und anderen Locations organisieren wir einen Event, der inzwischen Weltklasse-Künstler anzieht“,
erzählt sie stolz.
Dieses Jahr findet das Festival zum 8. Mal vom 24. bis 30. Oktober statt. Seeling Lipski profitiert mit ihrem Festival nicht nur von der enormen internationalen Attraktivität der Insel, sondern auch von dem Geld, was dort angesiedelt. Denn finanzieren kann sie die Film-Show natürlich nur mit Sponsoren und Reiche gibt es auf Mallorca genug.
Schauspieler und Regisseure kommen nicht nur wegen dem Festival, sondern auch weil sie in Palma zum Networking-Ort geworden ist. In-Viertel wie Portixol sind bei den Festival-Besuchern hoch im Kurs.
Portixol rockt, auch bei den Mietpreisen
Das ehemalige Fischerviertel Portixol, das immer noch eine Dorfstruktur hat, bekam in den vergangenen Jahren enormen Aufwind. Es gibt hier nicht nur kleine Kreativ-Hotels und coole Beachbars, sondern auch weite Strecken, direkt am Meer entlang, zum Rollschuh laufen, Fahrrad fahren und joggen.
Kurz vor den Trubel-Orten Playa de Plama und Arenal gelegen, ist hier von Massentourismus wenig zu spüren. Die Häuser sind sehr klein und niedrig. Wer hier eine Immobilie kaufen will, hat es allerdings nicht einfach: In erster Strandlinie gibt es kaum noch etwas und wenn dann ist hier unter einer Million Euro nichts mehr drin. In den hinteren Reihen ist das Viertel zwar billiger, allerdings nicht mehr so attraktiv.
Santa Catalina ist das bunteste Viertel von Palma
Wer es bunter und noch lebhafter mag als in Portixol, der ist in Santa Catalina richtig. Hier sind Objekte noch unter einer Millionen Euro zu erwerben, was auch daran liegt, dass es ein traditionelles Arbeitviertel war, wo auch viele Immigranten leben.
Rund um den Wochenmarkt ist das Leben noch relativ günstig. Aber alles, was Richtung Meer geht, bewegt sich dann auch schon wieder bei einer halben Millionen Euro und geht hoch bis auf einen Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro.
„Wer es authentisch und Multi-Kulti mag, der ist hier richtig“,
findet Wirth. Der „Mercat de Santa Catalina“, spezialisiert auf Tapas, ist das pulsierende Herz des Immigranten-Viertels, rund herum finden sich zahlreiche Cafés, Bars und extravagante Deko-Shops. Normalweiser gehen die Mallorquiner samstags um 13h zur Markthalle, trinken in netter Runde einen Cava, einen Vermut oder ein Glas des immer populäreren lokalen Weißweins.
Dazu werden Häppchen gereicht und wer will, kann dann von dort aus, meist dann bereits leicht angesäuselt, direkt in die Nachmittags-Diskos gehen. Wer nicht im Markt stehend essen, sondern sich ordentlich hinsetzen will, kann das dort in der Nähe liegende internationale In-Restaurant „Duke“ ausprobieren. Es wirbt damit, für keine Stilrichtung zu stehen, sondern einfach eine Mischung aus allem anzubieten.
Was gut ist, kauft sich selten billig: so auch in Cort und Monti-Sion
Wer eine Immobilie im Trendviertel Cort um den Placa Cort oder Monti-Sion in Palmas Zentrum sucht, der muss ebenfalls inzwischen einiges auf den Tisch legen, obwohl sich hierhin bisher wenige Touristen verirren. Viele Bars und Restaurants gibt es nicht. Die Häuserpreise können je nach Standort und ob oder nicht mit Blick aufs Meer bis auf 13 Millionen Euro hochgehen.
Wer an der Plaça Cort um das alte Rathaus herumgeht, die Plaça Santa Eulàlia überquert und weiter gen Osten von Palma läuft, der gelangt ins Viertel Monti-Sion. Hier trifft der Besucher auf eine lebendige Kunstszene, verwunschene Innenhöfe und Ruhe.
Der Dauerrenner Altstadt
Wen es direkt in die Altstadt von Palma treibt, als Hausbesitzer oder Urlauber, der hat natürlich die Bars direkt neben sich, aber daduch auch den Lärm und Müll am Wochenende. Die engen Gassen sind nicht befahrbar und Parkplätze auf der Strasse gibt es nicht. Auch mit dem Fahrrad kann man hier eigentlich nicht durchfahren.
Netty Karabulut liebt sie trotzdem. Sie hat lange auf Mallorca gewohnt und empfiehlt im Stadtkern vor allem den Besuch des „Mercado de San Juan“ – ein Fress- und Wochenmarkt im alten Schlachthof “S´Escorxador”. Wie in Madrid sollte daraus eigentlich ein Kulturzentrum werden: “Das klappt jedoch noch nicht so ganz”, verrät Wirth. Dafür gibt es aber ein gutes Angebot an Autorenfilmen in den alten Hallen.
Kalabuth liebt das Gewusele in dem alten Schlachthof:
“Jeden Tag geht hier von 12 Uhr morgens bis Mitternacht die Post ab, am Wochenende bis 4 Uhr morgens“.
Für die 45jährige ist auch Palmas Strandpromenade als Ausgeh- und Wohnort sehr attraktiv. Hier befindet sich auch einer ihrer Lieblingsdiscos, das „Titos“.
Gegenüber von den Hunderten von Yachten aus aller Welt und den vereinzelten Kreuzfahrtschiffen liegt das schon weltbekannte Capuccino-Café, das auch am Passeig des Born eine Filiale hat. Hier sind allerdings nicht nur die Bedienungen, sondern auch die Preise erstklassig.
Palma ist zu einem teuren Pflaster geworden
Palma ist grundsätzlich nicht mehr billig, vor allen Dingen zum dauerhaften Wohnen. Einige Schnäppchen sind jedoch durchaus noch zu haben, auch in der Altstadt, wo noch einiges renoviert werden muss. Angesichts der enormen Wohnungsnot für die wachsende Menge an Menschen, die in Palma arbeiten, ist damit zu rechnen, dass die Mieten in jedem Fall eher steigen als fallen werden. Aber Immobilienanwalt Wirth warnt Vermieter:
„Wer nicht an Touristen, sondern an Einheimische vermietet, sollte sich bewusst sein, dass viele sich mit den aktuellen Gehältern diese Preise nicht mehr leisten können. Mit den Dauermieten sollte nicht spekuliert werden“.