Na ja, persönlich treffen wir diesen berühmten Mann nicht mehr an. Denn er ruht seit 1915 still und friedlich in der Kapuzinergruft in Wien, wo er nach einem aufregenden 68-Jahre währenden Leben seine letzte Ruhestätte fand. Aber er hat doch viel geschaffen und hinterlassen und er genießt auch heute noch den Ruf des berühmtesten Ausländers der Insel Mallorca.
Wer war dieser Anxidue Lluis Salvador? Salvador stammte aus kaiserlichem, österreichischem Haus und war der Cousin von Kaiser Franz Josef von Österreich. Hätte es im 19. Jahrhundert schon den Begriff des „Playboy“ gegeben, dann hätte er, wenn man die Eigenschaften „gebildet“ „kultiviert, „polyglott“ hinzufügt, für unseren Erzherzog hervorragend gepasst.
Adliger Globetrotter
Denn mit 20 Jahren verließ er die steife Etikette des österreichischen Hofes. Er ließ sich von seiner Mutter eine Segeljacht, die Nixe, schenken und begab sich auf Weltreise, die ihn nach Nordafrika, Australien, Nordamerika und schließlich nach Mallorca führte. Für ihn war Mallorca der schönste Platz der Welt und mit 25 Jahren ließ er sich am bezauberndsten Fleck der Insel, an der Nordküste am Fuße der Sierra de Tramuntana nieder. Hier pflegte er ausgedehnte naturwissenschaftliche Studien und ein intensives Liebesleben. Die Ergebnisse seiner akribischen Forschungsarbeit fasste er in dem siebenbändigen Werk „Die Balearen in Wort und Bild“ zusammen. Das auch heute noch gültige Standardwerk über die Geschichte, die Archäologie, Faune und Flora und Leben der Bauern der Insel, ist heute in seiner Originalausgabe von unschätzbarem Wert.
Von seinem amourösem Wirken wissen wir aus seinem Testament, dass er seinen zahlreichen illegitimen Kindern Güter und Ländereien schenkte. Seinem Sekretär Anonti Vives, der Fama nach sein Geliebter, hinterließ er seinen gesamten Besitz. Der großen Liebe seines Lebens, der Tischlertochter Catalina Homar, der er das noble Landhaus S`Estaca, in dem heute der Filmschauspieler Michael Douglas residiert, schon zu Lebzeiten geschenkt hatte, konnte er nichts hinterlassen, denn sie starb 10 Jahre früher als er selbst. Als der Erzherzog einmal mit dieser Frau, die fließend italienisch, französisch und arabisch sprach am Wiener Hof zu Besuch auftauchte, zerrissen sich die adeligen Hofschranzen über diese „liason fou“, unverheiratet mit einem Bauermädchen zusammenzuleben, die Mäuler. Nur die Kaiserin Elisabeth, Sissi, konnte diesen unkonventionellen, adeligen Aussteiger verstehen und hielt zu ihm. Sissi, die den Erzherzog und seine Leistungen sehr schätzte, besuchte ihn zweimal auf seiner Wahlheimat Mallorca.
Das Erbe des Erzherzogs
Was hat unser Erzherzog auf dieser Insel geschaffen? Einmal haben wir den Adeligen schon mit dem Epitheton „Playboy“ versehen. Genauso gut könnten wir ihn, mit dem in dieser Zeit noch nicht gebräuchlichen Eigenschaftswort „Der grüne Arxiduc“ schmücken. Denn für viel Geld kaufte er den Bauern das steinige Land, das für die landwirtschaftliche Bearbeitung fast ungeeignet war, ab. Den ca. 10 km langen Küstenstreifen zwischen Valldemossa und Deià, der nun in seinem Besitz war, ließ er aufforsten und Reit- und Wanderwege, die für alle zugänglich waren, anlegen. Dies war für Mallorca damals eine große Seltenheit. Denn die Bauern holzten rücksichtslos ab, so dass die heftigen Regengüsse in steilen Lagen die fruchtbare Erde wegschwemmte. Außerdem zäunten die Bauern ihren Besitz ein und wachten streng darüber, dass niemand ihren Landbesitz betrat. Neben dieser segensreichen Landschaftspflege hat uns der Adelige auch zwei wertvolle Baudenkmäler hinterlassen, die auch noch heute von vielen Touristen besucht und bestaunt werden.
5 km nördlich von Valldemossa liegt das Herrenhaus „Miramar“. Im 13. Jahrhundert befand sich hier ein Kloster, in dem der berühmte Gelehrte Ramón Llull, der auch als Begründer der katalanischen Literatursprache gilt, eine Schule für arabische Sprachen einrichtete. Der Franziskaner Mönch Llull, der selbst fließend arabisch sprach, gründete hier eine Missionsschule für junge Priester und Mönche, die hier den Koran studieren und die arabischen Sprachen lernen sollten. Ihre Aufgabe war es dann, nach Nordafrika und Spanien zu gehen und ihrem Lehrer Ramòn Llull nachzueifern und zu versuchen, die Mohamedaner zum wahren Glauben zu bekehren. Die Bekehrungsversuche waren allerdings in der Regel nicht von Erfolg gekrönt und Ramòn Llull wurde in Algerien von wütenden Muslimen gesteinigt. Dennoch blieb das Kloster lange Zeit ein Ort der Studien und 1485 wurde hier die erste Druckerei Mallorcas eingerichtet. Aber dann wurde das Klosterleben aufgegeben und die Klosteranlage verfiel allmählich. 1872 kaufte der Erzherzog das verfallene Kloster, an das heute nur noch die Reste des gotischen Kreuzgangs erinnern. Auf den Grundmauern des Klostergebäudes ließ dann der Erzherzog ein zweistöckiges steinernes, mallorquinisches Herrenhaus errichten. Im inneren des Landhauses sind Navigationsgeräte der Dampfsegeljacht Nixe II zu besichtigen.
Der Höhepunkt des baulichen ‚Wirkens unseres Erzherzogs stellt allerdings der 1875 erworbene Herrensitz „Son Marroig“ dar. Diese Finca aus dem 16. Jahrhundert ließ der Erzherzog in ein Schlösschen im italienischen Renaissancestil umbauen, das ihm dann als Wohnsitz diente. Die Wohnräume, in denen der Arxiduc seine Forschungsergebnisse zusammentrug und seine voluminösen Bücher verfasste, lassen auch heute noch, durch den Schreibtisch, die Bücher, die Schriftstücke und die Bücherwandschränke noch etwas vom Fleiß und Geist des Gelehrten spüren. Im Obergeschoss haben wir von der fünfbogigen Loggia einen prächtigen Blick über Land und Meer. Nach dem Besuch der Wohn- und Wirkungsstätte Salvadors, die heute ein Museum ist, machen wir uns auf zu einen Spaziergang durch das Landgut zum Meer. Auf einem gewundenen Karrenweg passieren wir den auf einem kleinen Hügel thronenden klassizistischen, runden aus weißem Marmor gebauten mit Säulen verzierten Aussichtspavillon. Dann verlassen wir allmählich die grünen Wiesen, auf denen weidende Schafe blöken und gehen in Spitzkehren auf steinigem Weg, der von hohen Porphyrsteinwänden eingefasst ist, Richtung Meer. Unten am Strand, an dem das Meer mit mächtigen Brechern an das Steinufer schlägt, erwartet uns nach ca. 250 m steilem Abstieg die Halbinsel Sa Foradada, die Durchlöcherte. Den Namen hat die felsige Halbinsel, die teilweise mit Pinienbäumen bestückt ist, von dem riesengroßen (18 m) fast kreisrundem Loch, das das Meer in die Steinmauer, die sich etwas über die Meeresoberfläche erhebt, geschlagen hat.