Ein Sonntag wie aus dem Bilderbuch, am Himmel schäkern Schäfchenwolken und vom Hafen weht eine sanfte Brise. Ein idealer Tag, um in Palma de Mallorca bummeln zu gehen. Dies umso mehr, weil heute Ricardo „un auténtico Palmesano“, also ein waschechtes Gewächs der Hauptstadt Mallorcas, Lust und Zeit hat, die Schönheiten und Geheimnisse seiner Geburtsstadt seinem „amigo Aleman“ zu offenbaren.
Jeder historische Spaziergang muss natürlich im Westen Palmas beginnen, dort vor den Toren Stadt, wo in den Dezembertagen 1229 König Jaime el Conquistador mit seinem christlichem Heer die Zelte aufgeschlagen hatte, um die arabische „Medina Mayurca“ zu belagern, die er schließlich am Silvestertag 1229 eroberte.
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Spanische Königsfamilie macht im August auf Mallorca Urlaub
Von Siegern und Besiegten hat natürlich der Meerwind keine Spur hinterlassen. Das nur einen Steinwurf entfernte Schloss Marivent, das 11 Monate hinter einer hohen Mauer einen Dornröschenschlaf führt und nur im August, wenn die Königsfamilie dort residiert, zum Hofleben erwacht, ist erst Jahrhunderte später erbaut worden.
An den alten arabischen Hafen, der ähnlich wie in Sevilla durch eine riesige eiserne Kette für Schiffe geöffnet und geschlossen werden konnte, erinnert heute nur mehr ein einsamer mittelalterlicher Turm, der „Torre de Pelaires“, am Rande es verkehrsreichen „Paseo Maritimo“. Hier befand sich auch im Mittelalter ein Siechenhaus. Hier wurden alle Kranken, die die Stadt nicht betreten durften, zwangsisoliert, bis sie gesundeten oder starben.
Alles längst vorbei lachte Ricardo, heute haben wir drei große Krankenhäuser und „das ist die Welt von heute“ und zeigte auf die Kreuzfahrtschiffe, die im neuen Hafen wie Hochhäuser thronten.
Recht hat er der Ricardo, wo heute das Geschäftsviertel Porto Pi mit seinem Spielcasino prunkt, da leckten zur Zeit des ersten Mallorquinischen Königs Jaime I noch die Wellen des Mittelmeers die Küste.
Die Küste wurde aufgeschüttet und heute brausen über den „Paseo“ die Autos, auf der Landseite befinden sich Discos, Bistros, Hotels und noble Apartments, im Meer aalen sich Yachten und Segelboote. Ricardo kenn noch eine traurig-lustige Geschichte von den Luxusapartments an der Seefront. Die Unternehmensgruppe, die diese Edelwohnungen mit Blick auf Meer und Kathedrale gebaut hat, machte freiwillig oder unfreiwillig Konkurs und zahlte die Handwerkerrechnungen nicht. Fliesenleger, Elektriker, Maurer und Maler waren natürlich sauer und bauten ab, was abzubauen war und was nicht abzubauen war, machten sie kaputt. Einer der vielen Bauskandale in Palma.
Flanieren auf dem zauberhaften Paseo Maritimo
Kurz nach dem von den Touristen wegen seiner gepflegten Atmosphäre und des zauberhaften Blicks gern besuchten Cafés Cappuccino grüßen uns auf der Hochterrasse des „Passeig Maritim“, wie der Paseo Maritimo auf Mallorquin heißt, halbverwilderte Zeugen der Vergangenheit: Windräder, gegen die schon Don Quichote aus La Mancha gekämpft hat.
Ricardo erzählt mir, dass hier in früherer Zeit ein blühendes Rotlichtviertel existierte, aber heute nur noch „tote Hose“ angesagt sei. Eigentlich schade für eine der attraktivsten Lagen der Stadt.
Endlich überqueren wir den „Torrent de Sa Rieva“, den wilden Fluss, der heute in Steinschluchten eingefasst und in den Sommermonaten tröpfelnd nur vage ahnen lässt, wie er früher, als er noch ungezähmt war, bei Unwettern die Stadtbewohner mit seinen schmutzig wilden Wassermassen in Angst und Schrecken versetzte.
Jetzt, nachdem wir den Torrente überschritten haben, nähern wir uns der eigentlichen Altstadt.
Sie wird hier im Westen von der wuchtigen Festungsanlage „El Baluard“ begrenzt. Früher diente dieses Bollwerk mit meterdickem Steinwerk dazu, Fremde auf Distanz halten. Heute erfüllt es gerade den gegenteiligen Zweck, das 2004 in der Festung etablierte Museum für moderne Kunst soll Fremde anlocken.
Noch heute sprechen Einheimische von „la Ciudad“
Mit Ricardo wandern wir am Fuß der gigantischen Festungsanlage, die im 18. Jahrhundert noch die „Ciudad“, die erst 1716 offiziell den Titel „Palma“ erhielt, als festes Ringbollwerk umschloss.
Nach wenigen Schritten stehen wir vor dem „Consolat de Mar“, deinem Spätrenaissancegebäude (1669 fertiggestellt) in dem früher das Seegericht tagte und heute die Regierung der Balearen tagt.
In schöner Regelmäßigkeit wechseln sich hier sozialistische und konservative Regierungen ab – jetzt ist wieder eine bürgerliche Regierung am Zug. Was den missvergnügten Wählern nach einem Regierungswechsel oft geboten wird, sind Korruptionsprozesse gegen frühere Regierungsangehörige. Die größte gerichtliche Politshow ist zurzeit der Bestechungs- und Korruptionsprozess gegen den früheren Präsidenten Matas.
Von der neuen Regierung, die jetzt ganz auf Sparsamkeit und Ehrlichkeit macht, erwarten die Wähler viel. Ricardo kommentiert aber cool „vamos a ver“ oder wie der „Kaiser“ zu sagen pflegt: „Schau mer mal.“
Palmas Altstadt beherbergt zahlreiche architektonische Schätze aus dem Mittelalter
Noch ein paar Schritte und wir stehen vor der „Sa Llotja“. Diese ehemalige Seehandelsbörse ist ein Juwel spätgotischer Profanarchitektur. Obwohl dieses Gebäude rein weltlichen Handels- und Börsengeschäften diente, denn hier wurden Waren aus dem gesamten Mittelmeer umgeschlagen, thront über dem Portal ein Schutzengel mit weit ausgebreiteten Flügeln.
Das Gebäude, in dem heute abwechselnd Sonderausstellungen gezeigt werden, wurde im Auftrag der Handelskammer vom Baumeister Guillem Sagrera, der auch als Dombaumeister arbeitete, 1426 -1448 erbaut.
Ein gutes Stündchen unterwegs an unzähligen Cafés, Bars und Restaurants vorbei, wir Sonntagsausflügler beginnen zu schwächeln, aber ein Kaffee im Freien gibt den müden Knochen Kraft und dem Gehirn Ruhe, über die Eindrücke des Spaziergangs in der „Unterstadt“ nachzudenken und neue Energie zur Erkundung der „Oberstadt“ zu tanken.
Nachdem Ricardo den letzten Zug seines „cortado“ genossen hat, ruft er energisch: „adelande al corazòn de Palma como Jaime I“.
„Was ist das Herz Palmas?“ fragt er mich dann. „Die Burg natürlich“, antworte ich stolz und mit diesen Worten machen wir uns auf den Weg zum „Palau de L’Almudaina“.
[…] Wandern und Staunen müde geworden, schmeißen wir uns in ein Taxi und Ricardo befiehlt: „Al Bellver“. Auf der „Avenida Jaime III“; der schicksten Einkaufsstraße Palmas, geht es am „Corte […]