Tapfer marschieren wir weiter und schon nach wenigen Gehminuten erwartet uns ein neues Highlight: das Kunstmuseum „Fundació Bartolomé March“. Bevor wir uns darüber unterhalten können, was wir im Museum besichtigen können, sprudelt Ricardo beim Namen „March“ schon die ganze bizarre Lebensgeschichte dieses Mannes herunter, die jeder Mallorquiner fast auswendig kennt, denn es ist die wahre Fabel: „vom Schweinehirt zum Milliardär“.
Inhaltsverzeichnis
Die wahre Geschichte des Bankiers March
1880 als Sohn eines Kleinbauern in Santa Margalida geboren, hütet der Junge zuerst Schweine, dann steigt er in den Schweinehandel ein und kauft dem verarmten Adel Ländereien ab. Mit Tabakschmuggel von Afrika nach Spanien wird er unermesslich reich, gründet eine Bank, finanziert Francos Feldzug und am Ende steht das „Imperium March“, dirigiert von March Ordinas, dem reichsten Mann Spaniens. Weil natürlich Geld und Gold nicht alles ist auf dieser Welt, denkt der brave Mann, der March, auch an den Nachruhm und den spendet die Kunst.
Also zieht sich unser Milliardär die Kunstspendierhosen an, wird Musenmäzen und gründet ein großartiges Museum, die „Fundació Bartolomé March“. Steht man auf der Skulpturenterrasse, umgeben von Figuren von Henry Moore und Auguste Rodin, ist man nur froh, wie schmutziges Geld solches Kunstgenüsse zu schaffen vermag.
Ganz verzaubert wird der Besucher, wenn er sich der Melodie der Meeresorgel mit den sieben goldenen Tropfen hingibt und dann seinen Blick auf das Meerund das Dächerkonzert der Altstadt schweifen lässt.
Vom Regierungsbezirk zum Plaça Major
Auf unserem weiteren Spaziergang steigen wir von den Höhen des Kunstgenusses, vorbei am Mallorquinischen Parlament zum erdverbundenen „Ayuntament“, dem Rathaus. Hier in diesem 1649 erbauten dreistöckigen Barockgebäude schlägt das Verwaltungsherz der Stadt. Der „alcalde“ , der Bürgermeister, residiert hier, der Stadtrat tagt und die Palmesaner tragen hier ihre Bitten und ihre Klagen vor. Unten in der Eingangshalle stehen die „gigantes“, mallorquinische Riesen in Tracht gekleidet und schauen ungerührt von Freud und Leid auf die gegenüberliegende Seite, wo ein bizarr gedrehter und gedrechselter Olivenbaum seit mehr als 1.000 Jahren hier Wache hält.
„Hier auf dem Rathausplatz komme ich am 31. Dezember kurz vor 24 Uhr wie jeder anständige Bürger und verzehre mit jedem Glockenschlag der Rathausuhr eine Weintraube als Glücksbringer für das Neue Jahr“, erklärt feierlich „amigo Ricardo“.
Aber weil jetzt noch nicht „noche vieja“, die „alte Nacht“ (Silvester) ist, sondern ein Sommernachmittag, geht’s weiter zur „Plaça Major“. Dieser „größere Platz“ hat im Laufe seiner Geschichte, vom mittelalterlichen Obst- und Gemüsemarkt, über Stierkampfplatz, bis zum heutigen Flanier- und Einkaufszentrum, ein eingefasst von drei- und vierstöckigen Wohn- und Geschäftshäusern mit Arkadengängen, viele Wandlungen durchgemacht.
Wir lassen uns weder von Charlie Chaplin, noch von einem römischen Legionär, und auch nicht von einem anderen Straßenkünstler, der die Drehorgel souverän bedient, aufhalten und eilen, weil Durst schlimmer als Heimweh ist, über die Treppe am „Teatre Principal“ vorbei, der „Bar Bosch“ entgegen.
Obwohl wir wegen unserer ausgedörrten Kehlen in Eile sind, bringen wir es doch nicht übers Herz, achtlos am „Grand Hotel“ vorbeizugehen.
Architektonische Opulenz im Jugendstil
Wer könnte auch seinen Blick von der eleganten Fassade dieses Monuments des Jugendstils mit seinen geschwungenen Balkonen, den Mosaikarbeiten und Steinmetzverzierungen abwenden. Der katalanische Architekt „Lluis Domènich i Montaner“ hat 1901 bis 1903 dieses Jugendstilkleinod oder wie es in Spanien heißt „edificio Modernisme“ geschaffen.
Heute werden in diesem ehemaligen Luxushotel, in dem sich in den dreißiger Jahren die Hollywoodgrößen, die damals noch mit dem Schiff nach Palma kommen mussten, einquartierten, Kunst- und Fotoausstellungen gezeigt.
Was bedeutet die Fledermaus vor der Bar Bosch?
Wir werfen noch schnell einen Blick auf die andere Straßenseite. Hier lockt das bekannte Feinkostgeschäft „La Fornarina“ mit süßen Leckereien. Aber uns steht der Sinn nach Deftigerem, das wir mit Bier hinunterspülen können. Dafür kommt uns die berühmteste Bar Mallorcas, die „Bar Bosch“ gerade recht. Seit sie 1936 gegründet wurde, ist sie der ultimative Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Glücklicherweise finden wir im Biergarten bequem Platz. Ricardo holt sich von der Theke eine Zeitung und das obligatorische „Frito Mallorquin“ (Kartoffeln, Gemüse und Lamminnereien). Zu Akkordeonklängen eines Straßenmusikanten genießen wir eine „caňa“, ein frisch gezapftes Bier. Mit etwas schläfrigen Augen folgen wir dem Geplätscher aus dem Brunnen, der von einem Obelisk auf dem das Wappentier Palmas, eine Fledermaus, thront, überragt wird.
Den ursprünglich geplanten Spaziergang auf dem „Passeig des Born“, einer Flaniermeile, auf Marmorplatten, die von Platanen eingerahmt sind, schenken wir uns, um das letzte Highlight der „ciutat“ besichtigen zu können.
Majestätisch thront Schloss Bellver über Palma
Vom Wandern und Staunen müde geworden, schmeißen wir uns in ein Taxi und Ricardo befiehlt: „Al Bellver“. Auf der „Avenida Jaime III“; der schicksten Einkaufsstraße Palmas, geht es am „Corte Ingles“ vorbei, durch Häuserschluchten bis wir schließlich in ein grünes Paradies eintauchen. Es ist der Naturpark, der das „Castell de Bellver“ wie ein riesiges grünes Band umschließt. Diese Festung wurde 1309 vom Baumeister Pedro Salvà geschaffen und war ursprünglich als Sommerresidenz der mallorquinischen Könige geplant.
Es ist eine ungewöhnliche aber faszinierende, kreisrunde Burganlage, die durch drei ausgebaute halbrunde Wachtürme den Eindruck der Trutzhaftigkeit unterstreicht. Durch den mächtigen „Torre de Homenage“, den Huldigungsturm – als eine Huldigung ihres Daseins werden die Gefangengen, die Jahrhunderte hindurch hier eingeliefert wurden, dies wohl nicht empfunden haben – betreten wir über eine Zugbrücke den Innenhof.
Ricardo und ich erinnern uns noch gern an die Abschlussfeier des Golfturniers der schwedischen Prinzessin Brigitta, wo wir hier vom Bürgermeister begrüßt und mit Wein und Tapas verwöhnt wurden. Dann steigen wir auf die Galerie hoch und sehen Schiffe, Meer, Kathedrale, die Burg und die Pracht der Altstadt. Da wird unser Ricardo plötzlich sentimental: „que maravillosa“. Recht hat er, welch wunderbare Stadt, dieses Palma de Mallorca.