Ferienwohnungen als Homeoffice an einem anderen Ort sind derzeit sehr beliebt. Wickeln Sie solche Geschäfte wie auch die Anmietung von Ferienwohnungen jedoch nie privat ab, wenn Sie die angeblichen Besitzer nicht kennen.
von Stefanie Claudia Müller
Der 40jährige Pablo Cerda hat in seinem Beruf als Schauspieler und Filmemacher Bekanntschaft mit vielen kriminellen Machenschaften gemacht, deswegen auch schon über zahlreiche üble Tricks gelesen, dennoch wurde er jetzt in der sonst so sicheren spanischen Hauptstadt Madrid selber Opfer einer üblen Bauernfängerei. So wie es falsche Profile in Dating-Portalen gibt, wo Betrüger die Einsamkeit von Menschen ausnutzen, gibt es regelrechte Banden, die mit Falschanzeigen Weltenbummler wie Cerda anlocken, die keine Zeit haben, sich Wohnungen direkt anzuschauen und zudem das notwendige Kleingeld für Vorauszahlungen haben.
Der Kreative wohnt und arbeitet in Santiago de Chile, lebt aber öfters für kurze Zeit aus beruflichen Gründen an anderen Orten. Oft geben die Betrüger an, dass sie selber im Ausland leben und deswegen keinen Besichtungstermin des Objektes organisieren können, sondern die Schlüssel per Post zuschicken werden. In Städten wie Berlin kommt es auch zu Fällen, wo sie zur Wohnungsbesichtung einladen, aber dann nach der Anzahlung die Schlösser ausgetauscht werden oder sich herausstellt, dass schon andere dort leben.
Es ist eigentlich immer dieselbe Masche, mit der die Wohnungs-Betrüger agieren. Die Wohnungen sind sehr schön und sehr billig, was die Aufmerksamkeit sofort auf sie lenkt. Cerdas neues Heim sollte zudem im Madrider In-Viertel im „Barrio de las letras“ liegen. Für eine Monatsmiete von 500 Euro wäre das angepriesene Studio ein absolutes Schnäppchen gewesen. Er fand die Anzeige im Immo-Portal idealista – Marktführer in Spanien. 80 Prozent des Unternehmens wurden gerade für 1,3 Mrd. Euro an Investoren verkauft.
„Wer rechnet damit, dass sie dort nichts kontrollieren“,
sagt Cerda. Er erstattet Anzeige bei der Polizei, ging auch noch bei der Adresse vorbei, aber in der angeblichen Wohnung lebte ein anderer:
„Plötzlich wurde mir klar, wie geschickt alles eingefädelt worden war“,
erzählt Cerda.
Niemals privat anmieten, ohne die Wohnung gesehen zu haben
Die Ferienimmobilien-Expertin Claudia Haubner warnt ihre Kunden deswegem immer wieder:
„Wer ein Domizil für die Ferien oder einen längeren Aufenthalt an einem fremden Ort sucht, sollte nie privat mit dem Besitzer Kontakt aufnehmen, und schon gar keine Zahlungen per Überweisung tätigen, sondern immer nur über ein renommiertes Vermietungs-Portal agieren, das jede Operation absichert und im Betrugsfall Verantwortung übernehmen muss“.
Das Gute an renommierten Maklern wie Porta Mallorquina oder Ferienhausvermittlern wie Porta Holiday ist, dass sie ihre Objekte kennen. Bei anderen Anbietern wie Airbnb läuft die Vermittlung nicht über den angeblichen Besitzer der Wohnung oder des Hauses, sondern direkt über das Portal. Damit besteht eine Transparenz über die Daten beider Parteien. Anders als bei reinen Anzeige-Portalen wie idealista sind die kompletten Daten des Vermieters und Mieters digital gespeichert. Durch die Bewertungssysteme von Gast und Gastgeber schlieβen sich groβe Enttäuschungen bei Ankunft eigentlich schon aus, weil beide versuchen werden, sich so korrekt wie möglich zu verhalten, um sich nicht selber zu schaden.
Bei Cerda jedoch gab es weder Besitzer noch Wohnung: „Die angebliche Eigentümerin schrieb mir, dass sie auf Teneriffa lebte, mit vielen persönlichen Details, die mich hätten stutzig machen sollten“. Seine Naivität in diesem Fall hat ihn selber überrascht. Seit dem Verlust seiner Anzahlung von 1000 Euro ist er jedoch bei seiner weiteren Wohnungssuche sehr miβtrauisch geworden:
“Jetzt werde ich mir das Appartment immer anschauen bzw. über Portale operieren, wo der Vermittler die Eigentümer kennt“.
Das ist zum Beispiel der Fall bei Porta Mallorquina, wo nur Anzeigen aus dem eigenen Portfolio geführt werden. Solche Reinfälle wie Cerda ihn erlebt hat, tun noch mehr weh nach dem harten spanischen Lockdown, den der Kreative in einem kleinen Zimmer in Madrid verbrachte:
„Ich sehnte mich nach zwei Monaten Eingeschlossensein nach Licht und Raum. Es ist alles sehr teuer und die Anforderungen sind enorm für Freiberufler wie mich, die eine Wohnung für ein Jahr suchen. Ich denke, dass ist auch ein Grund, warum ich reingefallen bin.“
Anstieg von Falschanzeigen-Betrügereien in Pandemiezeiten
Der spanische Cyber-Experte José Ignacio San Segundo López berichtete der Nachrichtenagentur Efe von einem klaren Anstieg dieser üblen Tricks. Teilweise werden wie im Fall von Cerda auch komplette Adressen, Namen und Telefonnummern der Eigentümer preisgegeben, die Vertrauen schaffen sollen. Ist der Deal jedoch abgeschlossen, ist über diesen Weg niemand mehr zu erreichen. Gerade auch während des Lockdowns in Spanien, als die Makler nicht arbeiten konnten und Besichtigungen nicht möglich waren, nahmen diese Betrügereien zu.
„Vor allem bei jedem Super-Angebot mit tollen Fotos sollte jeder zweimal hinschauen, ob die Anzeige echt ist“,
warnt Polizist San Segundo López. Immer wieder schafft die spanische Polizei, einige der Banden aufzudecken, aber die Geschädigten sehen auch in diesem Fall ihr Geld meist nie wieder. Deswegen rät er:
„Eine Möglichkeit sich abzusichern, ist, die Bilder der Wohnung zu kopieren und sie in Suchmaschinen zu kopieren“.
Tauchen sie da in einem anderem Kontext auf, handelt es sich um „gestohlene“ Fotos. Inzwischen sind die Betrüger so dreist, dass sie auch Fotos von Vermittlern wie Porta Holiday stehlen, was dann auch noch dem Ruf der seriösen Anbieter schadet.
Auch in Deutschland sind die Betrüger aktiv
Falsche Wohnungsanzeigen sind kein spanisches Problem. Der Trick funktioniert rund um die Welt. Die deutsche Verbraucherzentrale warnt davor, dass über den Kontakt mit den Kunden auch wie im Fall von Cerda Daten auspioniert werden. Der Chilene hat sogar Kontoauszüge geschickt, um seine Liquidität nachzuweisen. Im Namen von Immobilienportalen wie fotocasa versenden die Betrüger immer häufiger sogenannte Phishing-Mails, um Kunden auszuspionieren. Diese werden in der Regel dazu aufgefordert, sich über einen mitgeschickten Link mit Ihren Zugangsdaten in einem bekannten Immobilienportal einzuloggen. Dabei gelangen sie jedoch auf eine gefälschte Log-In-Seite. Angehängte Dateien können zudem Viren enthalten. Cerda wurde auf unschuldige Weise per email auch über seinen Beruf ausgefragt. Er gab wohlwollend Auskunft, weil es ihm verständlich schien, dass die Besitzerin sich absichern wollte, wenn sie ihn nicht persönlich sehen würde.
Deike Werner aus Berlin berichtet bei ihrer Wohnungssuche in der deutschen Hauptstadt von mehrern Fällen, wo im Vorfeld eine Passkopie und Gehaltsauskünfte verlangt wurden, die sie noch wohlwollend per email schickte: „Vor der Anzahlung habe ich dann aber gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte, weil ich die Wohnung nicht sehen konnte und der Besitzer auch schwierig zu erreichen war“.
Auch wenn der Mitgründer von idealista, Fernando Encinar, in einem Interview vor diesen Wohnungs-Betrügern warnt, glaubt Cerda, dass sich groβe Anbieter wie dieser nicht einfach so aus der Affäre ziehen können:
„Sie müssen ihre Kunden prüfen und sei es mit Algorithmen, welche die Echtheit der Photos oder Daten kontrollieren. Immerhin geht es hier um Immobilien und nicht um Klein-Gegenstände, die über ebay verkauft werden, wo der Schaden noch absehbar ist“.
Auch wenn Cerda den Schock und den Ärger über die eigene Dummheit inzwischen überwunden hat, hofft der Chilene immer noch, den Betrügern auf die Spur zu kommen:
„Die Polizei versucht es über die Kontoverbindung, wo ein kompletter Name angegeben ist“.
Aber sein Geld dürfte dennoch verloren sein:
„Zur Inspiration für kommende Drehbücher hat mir diese leidvolle Erfahrung auf jeden Fall gedient“.